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Als stark gefährdeter Wildvogel, kommt der Waldrapp heute nur noch in einem Bruchteil seines einstigen Verbreitungsgebiets vor. Gesicherte historische Nachweise stammen insbesondere vom Schweizer Naturforscher Conrad Gessner und finden sich in der Schweiz (Bad Ragaz), Österreich (u.a. Mönchsberg in Salzburg, Schlossberg in Graz) und Süddeutschland (z.B. Überlingen, Passau, Kelheim). Es gibt aber auch zunehmend Hinweise für erloschene Vorkommen in Norditalien, Spanien, Ungarn und dem Balkan bis nach Griechenland.

Erste Hinweise auf die Verfolgung von Waldrappen in Europa stammen aus Aufzeichnungen aus dem 16. Jahrhundert. Den als Delikatessen begehrten Vögeln wurde gezielt nachgestellt und dabei wurde auch vor der Aushorstung von Jungvögeln nicht haltgemacht. So waren die Waldrappe bereits Anfang des 17. Jahrhunderts aus Europa verschwunden und viele Jahrhunderte lang hielt man die Erzählungen über den schwarzen „Schopfibis“ in Europa nur noch für Fabelgeschichten.

Der Waldrapp war ursprünglich in seinem gesamten Verbreitungsgebiet ein Zugvogel, der im Herbst sein Brutgebiet verließ, um in geeigneten Lebensräumen zu überwintern. Zwar verträgt der Waldrapp auch tiefere Wintertemperaturen, Nahrung ist jedoch zu dieser Jahreszeit oftmals nicht ausreichend vorhanden. Bekannte historische Wintergebiete befanden sich entlang der afrikanischen Westküste (Mauretanien; Senegal) und Ostküste (Äthiopien, Eritrea). Doch heute zeigt die Mehrzahl wildlebender Waldrappe nicht mehr das für sie einst typische Zugverhalten. Die wenigen, verbliebenen Populationen haben in Folge menschlicher Einflüsse ihre Zugtradition verloren und werden als sedentär bezeichnet.

Außerhalb Europas wird von historischen Populationen im nördlichen Afrika und auf der arabischen Halbinsel bis in die Türkei berichtet. In Ägypten sind Waldrappe vermutlich schon vor 4000 Jahren ausgestorben, wohingegen sie im übrigen außereuropäischen Verbreitungsgebiet erst im Laufe des letzten Jahrhunderts verschwanden. Heute ist nur mehr eine sedentäre Population an der marokkanischen Atlantikküste verblieben, die unterdessen dank internationaler Schutzbemühungen auf rund 600 Tiere angewachsen ist.

Auch in der türkischen Stadt Birecik gibt es noch eine Kolonie von rund 250 Tieren, die Nachkommen einer ehemaligen, migrierenden Wildpopulation sind. Die Vögel brüten hier seit mindestens tausend Jahren an einem Steilfelsen in der Stadt und sind kulturell fest verankert. Einstmals zog die Kolonie im Winter nach Äthiopien und kehrte im Frühjahr zurück. Nach einem verheerenden Bestandseinbruch in Folge einer Pestizidvergiftung in den 50ern, nahm man die verbliebenen Tiere in menschliche Obhut und sie leben seither sedentär. Die Vögel werden jedes Jahr im Herbst eingefangen, um sie von ihrer gefährlichen Reise in den Süden abzuhalten.

In Syrien wurde Anfang der 2000er Jahre überraschend eine Reliktpopulation von sieben Waldrappen in der antiken Oasenstadt Palmyra entdeckt. Eine Besenderung der Vögel konnte sogar zeigen, dass sie eine Zugtradition besaßen und im Winter nach Äthiopien migrierten. Leider konnte die Kolonie trotz intensiver Schutzbemühungen nicht erhalten werden und 2013 verloren sich die Spuren des letzten Waldrapps aus Syrien. Mit ihm ist wohl auch die östliche Zugtradition erloschen. Es gibt Ansätze für eine Wiederansiedlung einer Wildpopulation im Mittleren Osten, doch die gegebenen ökologischen, sozialen und politischen Bedingungen bieten dafür derzeit wenig Spielraum.

Von Menschen gegründete, sedentäre Populationen von Waldrappen gibt es auch in Europa. Seit 2003 läuft ein Auswilderungsprojekt im spanischen Andalusien und heute leben dort fast 100 Vögel in mehreren Kolonien, die seit einigen Jahren regelmäßig züchten. Auch an der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle in Grünau in Oberösterreich, im Tierpark Rosegg in Kärnten und in der Station Fagagna in Norditalien leben frei fliegende Kolonien, die ganzjährig betreut werden und den Winter in Volieren verbringen.

Nach 20 Jahren der Bemühungen um seine Wiederansiedlung, lebten in den europäischen Alpen Anfang 2022 wieder knapp 200 Waldrappe. Sie sind Nachkommen aus verschiedenen Zookolonien und wurden mit dem Ziel ausgewildert, eine Population mit Zugtradition zu schaffen. 2011 migrierte der erste Waldrapp eigenständig aus dem toskanischen Wintergebiet in sein Brutgebiet in Bayern und markierte so die Entstehung einer neuen Zugtradition. Dieser Zugroute folgen seitdem jedes Jahr eine zunehmende Anzahl von Vögeln. Die europäische Auswilderungspopulation ist somit die einzige, die das arttypische Zugverhalten zeigt.

Nach IUCN-Kriterien wurde der Waldrapp als „vom Aussterben bedroht (CE)“ gelistet, bevor er 2018 dank internationaler Schutzbemühungen in die Kategorie „stark gefährdet (EN)“ heruntergestuft werden konnte. In Zoohaltungen nimmt der Bestand zu und umfasst inzwischen mehr als 2.000 Individuen. Die europäische Zoopopulation wird in einem Erhaltungszuchtprogramm gemanagt (EEP) und ermöglicht wichtige Grundlagenforschung für die Wiederansiedlung. Eine genetische Studie im Rahmen des ersten LIFE-Projektes zeigte, dass die Zoopopulation eine hohe genetische Variabilität aufweist, die sich auch in der Auswilderungspopulation widerspiegelt.