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Newsletter 01.06.2022

In diesem Jahr brüten die Waldrappe der europäischen Auswilderungspopulation an vier verschiedenen Standorten. Darunter auch die beiden gut etablierten Kolonien in Kuchl im Salzburger Land und Burghausen im deutschen Bayern. An beiden Standorten sind heuer sechs Nester von brütenden Paaren besetzt. In der jüngsten Kolonie in Überlingen am Bodensee brach dieses Jahr die zweite Brutsaison an und zwar mit der überwältigenden Zahl von sieben Nestern! Das Sahnehäubchen bildet wohl das erste migrierende Paar, das dieses Jahr aus dem italienischen Überwinterungsgebiet in den Tierpark Rosegg in Kärnten zurückgekehrt ist und dort erfolgreich brütet.

In Burghausen sind bis dato 14 Vögel geschlüpft und es könnten sogar noch mehr werden. In den anderen Brutkolonien ist der Schlupf noch in vollem Gange und uns sind bisher nur wenige Einblicke möglich gewesen. Die genaue Anzahl an Jungvögeln ist daher noch nicht bekannt. Gemessen an einer Studie über die letzten Jahre (Drenske et al. im Druck) darf jedoch eine Zahl von 2.5 Küken pro Nest angenommen werden. Insgesamt rechnen wir daher in dieser Brutsaison mit 50 flüggen Jungvögeln aus 20 Nestern. Verglichen mit den 36 Jungvögeln in 2021 ist dies eine bemerkenswerte Entwicklung.

Die Zahl ausgeflogenen Jungvögeln in unserer Auswilderungspopulation ist im Vergleich zu anderen wildlebenden und zoobasierten Waldrappkolonien auffallend hoch (Drenske et al. im Druck). So liegt der Durchschnittswert der sedentären Wildpopulation in Marokko beispielsweise bei nur 1,23 flüggen Jungvögeln pro Nest. Die hohe Vermehrungsrate der Auswilderungspopulation in den Alpen ist unseres Erachtens nach auf Quantität und Qualität der verfügbaren Nahrungsgründe in den Brutgebieten zurückzuführen. Dafür sprechen die Ergebnisse einer Studie (Wehner et al.) in der wir anhand von GPS- und Satellitendaten die Habitateignung für den Waldrapp im nördlichen Alpenvorland modelliert haben. Gebiete mit hohem Eignungsindex überschneiden sich weitgehend mit historisch bekannten und gegenwärtigen Brutstätten. Die genannten Studien bilden eine wichtige wissenschaftliche Grundlage für die Wiederansiedlung.

In Seekirchen am Wallersee wachsen derweil weitere 31 Küken in der Obhut ihrer menschlichen Zieheltern Helena Wehner und Lisa Kern auf. Sie sind inzwischen flügge und starten diese Woche mit dem Freiflugtraining und der Gewöhnung an die Ultraleichtflugzeuge, die sie im Herbst ins Überwinterungsgebiet leiten sollen.

 

Foto: Brut in der künstlichen Brutwand aus Holz in Überlingen am Bodensee. Im Juni sollen zwei bis drei Nester auf den Sandsteinfelsen am Bodenseeufer transferiert werden, um so die Besiedlung der natürlichen Strukturen einzuleiten. Die Methode des Nesttransfer wurde bereits am Brutstandort Kuchl mit großem Erfolg durchgeführt. Foto: A. Schmalstieg